Projekt

Otto Rudolf Salvisberg – Architekt der Moderne Berlin • Bern • Breslau • Basel • Zürich

Otto Rudolf Salvisberg (1882–1940) gehörte als Schweizer Architekt zu den herausragenden Exponenten moderner Architektur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seit der seinerzeit verdienstvollen Ausstellung am gta/ETH 1985 durch Claude Lichtenstein u.a. firmiert Salvisbergs Werk unter dem Schlagwort der „anderen“ Moderne, was wie ein Verdikt zu verstehen war und bis heute nachwirkt.

Suva-Haus, Bern (1929-31), Foto: Werk 1932
Portrait Otto Rudolf Salvisberg (1927), Fotograf unbekannt. Foto: Ullstein Bild

Ziel des Forschungsprojektes ist es, Salvisbergs Bedeutung als einem der wichtigsten Schweizer Architekten des 20. Jahrhunderts, insbesondere für eine städtische Architektur der Moderne zwischen Berlin, Bern und Zürich neu herauszuarbeiten und im Kontext der europäischen Architekturentwicklung zu präsentieren. Dadurch wird erstmals Salvisbergs eminente Rolle sowohl in der Berliner Architekturszene der zehner und zwanziger Jahre als auch sein nachhaltiger Einfluss auf die Schweizer Architektur der vierziger und fünfziger Jahre als Gesamtphänomen deutlich werden.

Geschäftshaus Prächtel, Berlin Mitte (1911-12), Foto: Moderne Bauformen 1914
Lory-Spital, auskragende Liegeterrassen aus Eisenbeton (1929) im Bau. Foto: Werk 1929

Bereits Salvisbergs Tätigkeit in Berlin mit ersten spektakulären Bauten ab 1910 muss als ein Markstein innerhalb der Reformarchitektur einer frühen Moderne vor dem Ersten Weltkrieg gesehen werden. Seine Bauten der zwanziger Jahre im Rahmen des Neuen Bauens sowohl in Bern (Suva-Haus, Bern; Naturwissenschaftliche Institute, Uni Bern; Lory-Spital; Säuglings- und Mütterheim Elfenau) als auch in Berlin (Weisse Stadt, Haus der Deutschen Krankenversicherungs AG) machten ihn international bekannt und führten Ende 1928 zu seiner Berufung an die ETH Zürich als Nachfolger von Karl Moser.

Lory-Spital (1929-31) Südfront mit Liegehallen, Foto: Architekturwerke und Innenausstattung 1929
Naturwissenschaftliche Institute Universität Bern (1928-31), Foto: Werk 1932

In seiner Funktion als Hochschullehrer hat er nicht nur die Architekten der Schweizer Nachkriegsmoderne mit ausgebildet und geprägt, sondern auch herausragende Bauten errichtet (Maschinenlaboratorium und Fernheizkraftwerk ETH; Haus Salvisberg, Zürich) Zusätzlich gelang es ihm, als Hausarchitekt des Chemiekonzerns F. Hoffmann-La Roche in Basel nicht nur einen bedeutenden Beitrag zum Industrieverwaltungsbau der 1930er-Jahre zu leisten, sondern auch eine architektonische  Corporate Identity für ein Pharmaunternehmen zu etablieren. Hervorzuheben ist zudem die typenprägende Bedeutung von Salvisbergs letztem Werk, der „Bleicherhof“ in Zürich, mit dem er den Geschäftshausbau der 1940er und 1950er Jahre in Europa maßgeblich beeinflusste.

Laubenganghaus in der Grosssiedlung Schillerpromenade «Weisse Stadt» (1929-31) Berlin-Reinickendorf. Foto: Deutsche Bauzeitung 1931

Seit der Ausstellung 1985 hat sich unser Blick auf die Moderne als eine vielschichtige, international vernetzte  Bewegung verändert.  Zudem ist es mittlerweile möglich, viele seiner ehemals in der DDR, in Tschechien oder in Polen befindlichen Bauten umfassend zu erforschen und damals unzugängliche Quellen auszuwerten (z. B., Wrocław, Architekturmuseum, Bauaktenarchive im ehem. Ost-Berlin). Gesamtkomplexe wie F. Hoffmann-La Roche können erstmals als Phänomen einer modernen Industriearchitektur analysiert werden.  Es ist gelungen, auf breiter Basis die Quellenbearbeitung sicherzustellen (gta Archiv ETH Zürich, Historisches Archiv Roche Basel). Die Ergebnisse werden Ende 2021 publiziert.

Geschäftshaus Bleicherhof Zürich (1939-40) Foto: wikimedia

 

Projektleitung: Prof. em. Dr. Bernd Nicolai
Mitarbeitende: Dr. Theresia Gürtler Berger †
Dr. des. Thomas Steigenberger
MA Florin Gstöhl
Projektlaufzeit: 07/2017 – 07/2021